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Johann Puch, in Slowenien geboren und aufgewachsen, bildete sich selbst vom Schlosser zur gefragten Fachkraft im Fahrradbau weiter. Um 1890 begann er mit der Reparatur und Herstellung von Fahrrädern in Graz, die unter dem Namen "Styria" vermarktet wurden. Wegen Differenzen mit den Geldgebern schied Puch 1897 aus dem Betrieb aus, der inzwischen Johann Puch & Comp., Styria Fahrradwerke hieß.
1899 gründete Puch ein neues Unternehmen, welches als "Johann Puch - Erste steiermärkische Fahrrad-Fabriks-Actien Gesellschaft in Graz" firmierte. Wie viele andere Fahrradhersteller begann Puch im Jahr 1903 mit der Herstellung von Motorrädern mit Einzylinder-Motor. Recht früh erfolgt der Übergang zum Zweizylinder-V-Motor in recht modernen Fahrwerken, so diente der Motor als tragendes Rahmenteil. Dieser V2-Motor, auf Wasserkühlung umgestellt, diente 1906 als Antrieb des ersten Puch-Automobils. Obwohl sich der Motor als auch die Voiturette trefflich bewährten, war Johann Puch schnell klar, daß für die Automobil-Produktion eine Neukonstruktion erforderlich wurde. Puch genoß deutlich weniger Ansehen in der K&K-Doppelmonarchie, fertigte jedoch deutlich fortschrittlichere Produkte als Laurin & Klement. Da Puch den ernstlichen Einstieg in die Automobil-Produktion plante, stellte er den gerade bei Laurin & Klement "geschaßten" Karl Slevogt ab 1.November 1907 als Chefkonstrukteur ein. Zunächst konstruierte Slevogt einen Zweizylinder-Reihenmotor 8/10 HP und 10/12 HP für die Voiturette (110 mm Hub, 95 mm Bohrung) und einen Vierzylinder-Motor 16/18 HP (110 mm Hub, 84 mm Bohrung), der noch mit zwei Zylinderblöcken versehen ist. Damit werden bereits erste Erfolge im Motorsport errungen. Ein Großbrand vernichtete 1908 große Teile des Werkes, der Fertigungseinrichtung und der dort lagernden Produkte. Karl Slevogt konnte nach dem Brand im Grazer Puch-Werk als Konstrukteur und technischer Direktor bei den Puch-Werken bei Null beginnen und "aus dem Vollen" schöpfen. Er konstruiert eine glattflächige Vierzylinder-Gebrauchsmotoren-Reihe in drei üblichen Hubraum- und Leistungsgrößen (12/14 HP, 18/22 HP und 28/32 HP) in der Slevogt-typischen Bauweise, d.h. 4-Zylinder Blockmotor, Sackzlinder, L-Kopf mit stehenden großen Ventilen, geschliffene einteilige Nockenwellen, automatischer Zündverstellung, Zwangsschmierung mit Friedemann-Öler. Selbstverständlich auch die entsprechenden Fahrwerke (Stahlrahmen mit Hilfsrahmen für Motor/Getriebe, Innenbacken-Bremsen, Kardanwelle) und Karosserien. Bei Puch traf Karl Slevogt auch den Grazer Jakob Werlin, der seit 1903 bei Puch als Verkäufer tätig und ab 1910 Puch-Filialleiter in Budapest war (der Kontakt zu Slevogt bleibt bis zum Ende des 2.Weltkrieges bestehen).
Die "Neuheiten" zu beschreiben, würde den Rahmen sprengen - Scheibenkupplung, verstellbare Pedale, Schnellwechsel-Zündung seien hier beispielhaft erwähnt. Slevogt startet bereits gelegentlich 1908 bei Rennen, aber erst im Automobil-Rennsport 1909 mischt er voll auf. Die Rennwagen werden bei Bergfahrten auf das härteste geprüft. Auch für das erste Österreichische Starrluftschiff stellt Slevogt den Antrieb. Das erste "Renn-Comeback" auf Puch am Riesberg endet mit einem 3.Platz, die schnellsten Puch-Fahrer stürzen - Johann Puch, selbst Rennfahrer, nimmt das mit Fassung. Aber dann häufen sich die Siege im Motorsport, Rekorde werden erzielt - Puch und Slevogt haben geradezu überwältigenden wirtschaftlichen und sportlichen Erfolg. Die örtliche Presse hat Slevogt längst zum "Puch-Helden" hochgelobt. Bei all diesen Aktivitäten - Werkleitung, Konstruktion, Rennfahren - schafft es Karl Slevogt unter Vermittlung von Jakob Werlin seine spätere Ehefrau Maria-Josepha Engelbrecht kennenzulernen - eine sehr schöne Grazerin, wenn die Bilder nicht schmeicheln. Allerdings hat Slevogt auch einen Verkehrs-Unfall verursacht, dessen Nachwirkungen 1910 zu spüren sein werden. Denn Es folgen Schmerzensgeld-Klagen von beträchtlicher Höhe. Bei den Schmerzensgeld-Verhandlungen wird Slevogt von seinen Anwälten vertreten. Bei den Feierlichkeiten zum 10-jährigen Jubiläum des "Steiermärkischen Automobilklub" wird auch die Rekordfahrt des Mitgliedes Karl Slevogt besonders gewürdigt. Im Herbst 1909 hat Karl Slevogt nicht nur die Motoren, sondern das gesamte Puch-Automobilprogramm überarbeitet, verbessert und komplettiert. Die Palette reicht vom kleinen 10/12 HP Vierzylinder Typ K bis zum großen 60 HP Typ S, wobei Slevogt nicht nur die Motoren, sondern auch Getriebe, Hinterachse, Kardenwelle, Chassis, Kühler und Nebenaggregate überarbeitet bzw. neu konstruiert hat. Auch alle Karosserien sind neu gestaltet, ein komplett neues Werk zur Fertigung von Nutzfahrzeugen befindet sich im Bau. Die Fertigung wurde rationalisiert, mit modernsten Fertigungsmaschinen und Antrieben ausgestattet. Zum ersten Male gibt es auch einen bebilderten Katalog. Karl Slevogt kann die Früchte seiner Arbeit nicht mehr selbst ernten, er verläßt Puch und Österreich überraschend Mitte November 1909. Am 1.April 1910 beginnt er als Chefkonstrukteur bei Apollo in Apolda zu arbeiten. Die Gründe seiner Abreise kann man nur erahnen, der "Unfall" mit dem Arrest-Urteil könnte der Auslöser gewesen sein. In den kommenden Jahren ändert sich bei Puch nur sehr, sehr wenig an den Slevogtschen Konstruktionen, dabei eilt man mit den Sportwagen von Rennerfolg zu Rennerfolg, bis Puch mehr und mehr zu Gebrauchsfahrzeugen übergeht. Ohne Slevogt herrscht bei Puch eine Art "Macht-Vakuum", jeder intrigiert gegen jeden, was der Entwicklung des Betriebes durchaus nicht nutzt. Das Chaos bei Puch, bedingt durch das Ausscheiden von Karl Slevogt, läßt sich aus einem der Briefe von Jakob Werlin an Karl Slevogt erahnen. Wie durch ein Wunder hat dieser Brief als einziger die Zeiten überdauert. Weil die ganze Geschichte doch recht umfänglich wird, habe ich diese in Teilabschnitte unterteilt:
Einige externe und interne Links: Das Puch-Museum in Graz: www.johannpuchmuseum.at Das Familenalbum der Fam. Lanner: www.zuckerfabrik24.de Foto Puch Voiturette: http://www.van.at Briefmarken zu Ehren von Johann Puch und seinem Lebenswerk Weiterführende Literatur über Puch Oben Ferdinand Lanner 1909 auf einem 4-Liter-Puch-Rennwagen, konstruiert von Karl Slevogt, Gewinner beim Rennen in Triest 1909. Am Vorderrad lehnend Johann Puch. Mit freundlicher Genehmigung der Fam. Lanner. |
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Zu Beginn seiner Tätigkeit bei Puch wohnt Karl Slevogt im Hotel Wiesler in Graz, ein Hotel, das bis heute existiert. Wo in Graz Karl Slevogt von 1908-1910 wohnte, ist mir leider nicht bekannt. Hier ein Auszug aus dem Melderegister vom 2.11.1907:
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Direktor Belletz wird Leiter der Puch-Filiale in Wien und ist damit Slevogt aus dem Wege ...
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Der Unfall und die Folgen: Karl Slevogt wird zu drei Wochen einfachen Arrest, 3000 Kronen Strafe und 365 Krinen Kurkosten verurteilt, er sei so schnell und unvorsichtig gefahren, daß das vor einem Wagen gespannte Pferd scheute und durchging. Dabei wurde der (vermutlich sturzbesoffene) Pferdekutschenfahrer vom Boch geschleudert und verletzte sich dabei schwer. Wie auch heute noch hing das Urteil vom Richter und dessen "Bezug" zum mototrisierten Verkehr ab - beim Motor-Gegner bekam eben das Bauerlein recht ... Natürlich legte Slevogt gegen das Urteil sofort Einspruch ein. Im Januar 1910 wird wegen Schmerzensgeld weiter prozessiert, wie man den Berichten über die Verhandlung entnehmen kann ("Grazer Tagblatt" und "Grazer Volksblatt" vom 22.Januar 1910), der Kläger fordert 10.000 Kronen und eine Leibrente. Die Verhandlung endet mit einem Vergleich auf 4000 Kronen Schmerzensgeld. Insgesamt eine sehr unangenehme Geschichte für Karl Slevogt. |
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Der Steiermärkische Automobilklub feiert sein 10-jahriges Bestehen. Bei den Feierlichkeiten wird die Rekordfahrt des Klubmitgliedes Karl Slevogt besonders gewürdigt, wie man den Berichten der "Allgemeinen Automobil Zeitung" vom 6.Februar 1910 und der "Neuen Freien Presse" vom 2.März 1910 entnehmen kann. |
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1910 gibt es erstmals detaillierte, bebilderte Kataloge vom PUCH-Fertigungsprogramm, jeweils für Fahrräder, Motorräder und Automobile getrennt. Auch wird 1910 die Produktion von Nutzfahrzeugen aufenommen und hierzu eine neue Werkhalle errichtet. |
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Jakob Werlin werden wir im Lebenslauf von Karl Slevogt noch des öfteren begegnen, die Freundschaft der beiden so grundverschiedenen Männer überdauert die wechselhaften Zeiten. Ich werde später darauf eingehen. Hier folgend der Brief, welchen Jakob Werlin am 22.November 1909 an Karl Slevogt schrieb. |
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Es gibt leider keine Modell-Fahrzeuge aus der Puch-Frühzeit, aber zumindest mit einigen Briefmarken wird Puch geehrt. | ||||
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Weiterführende Literatur zu Puch: |
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