Karl Slevogt
Paul Jaray
Frhr. v. König-Fachsenfeld

 



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Letzte Bearbeitung am 01.11.2020



jaray Paul Jaray

(* 11. März 1889 in Wien; † 22. September 1974 in St. Gallen)


Nach dem "Tropfenwagen" des Konstrukteurs Edmund Rumpler (de.wikipedia.org/wiki/Edmund_Rumpler), mit welchem Slevogt schon bei Spyker zusammengearbeitet hat, befasst sich auch der Ingenieur Paul Jaray (de.wikipedia.org/wiki/Paul_Jaray mit Stromlinien-Karosserien an Kraftwagen.

Allerdings nähert sich Jaray dem Problem völlig anders als Rumpler. Während dieser mit dem Tropfenwagen eine Art "neues Automobil" mit Heckmotor, Pendelachse usw. baut, will Paul Jaray seine Stromlinien-Karosserien so gestalten, Jaray daß man diese bei serienmäßigen Fahrzeugen anstelle der Original-Karosserie montieren kann. Zur Gestaltung seiner Karosserie macht Jaray Messungen im Windkanal, ermittelt Vergleichtabellen von Fahrleistung und Verbrauch. Der Entwurf (mit dem hier gezeigten Bild) wird in der "Illustrierte Motorzeitung" vom 3.August 1922 mit Messungen und Berechnungen vorgestellt.
Eine 7-seitige Beschreibung mit den Messungen und Berechnungen von Jaray kann man nach dem ersten Straßeneinsatz einer Jaray-Stromlinien-Karosserie bei der "Fahrt durch Deutschland" (Bericht am 16.Juli 1923) in der "Illustrierte Motorzeitung" vom 25.September 1923 nachlesen.

Basierend auf dieser Erfahrung karosserierte Paul Jaray 1923 je einen AUDI, LEY, DIXI und bestritt mit diesen drei Fahrzeugen (Ley, Audi, Dixi) Werbefahrten durch die Schweiz und Deutschland, auf diversen Automobil-Messen 1923-1925 wurden die Fahrzeuge gezeigt bzw. für Probefahrten bereitgestellt.
Ein 1923 von Ley gebautes Jaray Rennfahrzeug errang diverse Erfolge, selbst bei Bergzeitfahrten, wie dem populären Gabelbachrennen. 1925 erhielt auch ein Chrysler eine Jaray-Karosserie.

Dixi Ley Audi
Dixi G7 mit Jaray-Karosserie ca. 1923 LEY T6 mit Jaray-Karosserie ca. 1922 AUDI K mit Jaray-Karosserie ca. 1923


Natürlich hatten die Karosseen von Jaray bedeutende Nachteile. Sie boten den Passagieren sehr wenig Innenraum und so gut wie gar keinen Raum für Gepäck. Völlig ungelöst war die Unterbringung der damals erforderlichen Reserveräder.
Durch "Unterdruck" hatte man ständig Abgase im Innenraum und bei Regen ständig beschlagenen Scheiben.
Die Motoren neigten alle zum Überhitzen, denn an den erforderlichen Strom an Kühlluft und dessen Führung hatte Paul Jaray nicht gedacht. Hier wurden mit allen möglichen Klappen usw. eine Nachbesserung versucht, ohne daß das Problen grundlegend gelöst wurde.

Die Tragik der frühen Stromlinien-Pioniere:
die damaligen Straßen waren für die mit ihren Karosserien erreichbaren Geschwindigkeiten völlig ungeeignet.

Patent ill. audi Werbung
Patentschrift 1927 Audi 1925 (ill. Motorzeitung) Werbeanzeige (AAZ)


Karl Slevogt war überzeugter Anhänger der Idee vom Hochleistungs-Kleinwagen. Als er 1922 die Jaray-Karosserie sah, bestellte er sofort bei Jaray eine Karosserie-Konstruktion auf Basis des Apollo 4/20 PS. Apollo-Fahrzeuge konnten ab 1924 auf Kundenwunsch und ab Werk mit einer Jaray-Stromlinienkarosserie geliefert werden. Der Preis in dieser Ausführung war mit 8500 Mark denkbar teuer. Die Konstruktions-Unterlagen sind für mich unzugänglich - bei der ETH Zürich gebunkert. Auch der Privatwagen von Karl Slevogt war ein Apollo 4/20 mit Jaray-Karosserie.
Meines Wissens nach war dies bis 1932 das einzige Fahrzeug, welches ab Werk mit einer Stromlinienkarosserie bestellt werden konnte, es wurden aber nur drei Fahrzeuge (fünf aus anderen Quellen) verkauft.

Apollo Apollo Gabelbach
Jaray-Apollo 4/20 1923 Jaray-Apollo 4/14 1925 (*) Jaray-Apollo am Gabelbach-Rennen 1925 (*)
(*) aus dem Archiv der Fam. Slevogt


Das aber genügte Karl Slevogt keineswegs. Er beauftragte Paul Jaray mit der Konstruktion einer Spezial-Karosserie für seinen Apollo-Rennwagen. Der Beleg und die Konstruktionspläne befinden sich - wie nicht anders zu erwarten - für mich unzugänglich bei der ETH Zürich.
Auftrag

Nach vielen Testfahrten rund um Apolda (was dem blauen Renner einen schlechten Ruf bei der Bevölkerung einbringt) setzt Karl Slevogt den Wagen ertmals am 18.Mai 1924 beim Herkules-Bergrennen ein und siegt natürlich. Das Bild vom Start unten stammt aus dem Archiv der Fam. Slevogt.

Herkules-Bergrennen

Karl Slevogt setzt den Stromlinen-Rennwagen am 29.Juni 1924 auf der Avus in Berlin zum zweiten Male ein. Er erreicht 145-164 km/h bei Motordrehzahlen bis 4430/min. Pleuelbrüche sorgen für Motor-Wechsel, Seidenbusch kann gar nicht fahren. Beim Rennen blockiert die Federung in der 3.Runde und Slevogt muß das Rennen in Führung liegend abbrechen.
Was danach mit dem Fahrzeug geschah ist leider nicht überliefert.

Avus 1924



Da Karl Slevogt zum 10. Oktober 1924 als Chefkonstrukteur zu der Firma Selve nach Hameln wechselte, endet auch die "Stromlinien-Zeit" bei Apollo.



Reinhard Freiherr von König-Fachsenfeld
(* 19.März 1899 in Stuttgart; † 09. März 1992)


Reinhard Freiherr von König-Fachsenfeld (1899-1992),fachsenfeld einer der "ganz großen" Forscher und Ingenieure in Fahrzeug-Aerodynamik, verwandte zunächst die Patente von Paul Jaray um ab 1930 seine eigenen Forschungen und Entwicklungen mit dem FKFS in Stuttgart zu realisieren.
Den Durchbruch erreichte er mit dem aerodynamisch optimierten Mercedes SSKL, mit dem Manfred von Brauchitsch auf der AVUS in Berlin 1932 überlegen siegt.
Mit Baron Reinhard von König starb die Linie adeliger Freiherren auf Schloss Fachsenfeld aus. Der Stromlinienpionier, Tüftler und Erfinder gründete 1982 die Stiftung Schloss Fachsenfeld. Diese kommt der Aufgabe nach, die denkmalgeschützte Anlage zu erhalten, leider zu Lasten der Arbeiten des Reinhard von König, die weder im Schloß noch im Internet angemessen präsentiert werden.
Anmerkung: sein Renn- und Rekordwagen auf DKW-Basis war 2020 im Fahrzeugmuseum Chemnitz zu sehen und befindet sich nun wieder im Schloss Fachsenfeld.

Unten die Mitschrift einer seiner Reden, gehalten zum Jahreswechsel 1935, oben im Original, darunter in moderner Schrift, unter Anderem erschienen in der "DDAC-Motorwelt" 4/1935 (der ADAC hieß damals DDAC).

Die Rede gerät zu einer Laudatio auf Karl Slevogt. Wieder einmal wird das Genie Slevogts aufgezeigt, ohne Berechnungen, ohne Windkanal, rein intuitiv erfasst und löst Karl Slevogt Probleme, an welchen viele Andere scheitern. Daß Karl Slevogt seiner Zeit meist um Jahre, wenn nicht Jahrzehnte voraus ist, macht es für ihn keineswegs einfacher.



Stromline-Modern ?

Stromlinie - modern ?

Stromlinienwegen sind heute die große Mode! Sie sind aber keine Errungenschaft der neuesten Zeit! Wenn wir von mehr oder weniger gelungenen Versuchen der Vorkriegsjahre absehen wollen, die sich hauptsächlich darauf beschränkten, den Luftwiderstand des Fahrzeugs durch Anbringung eines "Rennschwanzes", einer Heckspitze, zu mindern, so war es meines Wissens zuerst ein Bugatti-Wagen beim Grand Prix 1922 in Straßburg, der eine für die damalige Zeit recht gelungene Stromlinien-Rennkarosserie zeigte. Im Gegensatz zu der bekannten Bugatti-Sport-Karosserie war diese zylindrisch gewölbt und umschloß den Kühler halbkugelförmig mit einer runden öffung zur Einströmung der Kühlluft. Eigenartiger Weise ist Ettore Bugatti, der ideenreiche Rennwagenkonstrukteur, wieder ganz von dieser Form abgekommen, vermutlich, weil seinerzeit die Luftwiderstände der unverkleideten Teile am Chassis noch zu groß waren, um eine merkliche Leistungsersparnis zu bringen.
In diese Zeit fielen auch die ersten deutschen Versuche mit aerodynamisch zweckmäßigen Rennwagenaufbauten. Fritz von Opel fuhr seinen Sieg im Avusrennen 1922 in einer sehr sauber ausgeführten Karosserie nach Hause: Fahrer und Beifahrer saßen bis zur Schulter im Wagenkasten, der vorn die Kühlerpartie umschließt und nach hinten in eine Spitze ausläuft. Federn und Achsen lagen hier noch außerhalb der Verkleidung. Auch die meisten übrigen Teilnehmer dieses Rennens hatten sich irgendwie stromlinienförmig auffrisiert, sei es durch eine Rennspitze, sei es durch einen Kühlervorbau.
1923 sah man dann auf der Avus sogar einen Stromlinien-Koko, dessen Räder nach allerneuesten Gesichtspunkten in die Karosserie mit einbezogen waren und der in der Form an den späteren Hanomag erinnerte. Alle diese ersten Versuche waren angeregt durch die Rumplerschen und Jarayschen Arbeiten.
Das Verdienst, den ersten wirklich vollkommenen Stromlinienwagen in Deutschland gebaut zu haben, gebührt dem als Konstrukteur und Automobilsportsmann gleichermaßen bekannten Direktor Slevogt.
Er zeigte im Jahre 1924 beim Kleinwagenrennen auf der Avus und am Gabelbach einen 4-PS-Apollo-Rennwagen mit einer Karosserie nach Jarayschen Patenten, welche die Räder vollständig umschloß, vorne eine Öffnung für den Kühllufteintritt hatte und eine sanft gerundete Heckpartie aufwies. Später erschien dann Direktor Slevogt mit einem auf den gleichen Prinzipien konstruierten Selve-Sportwagen. Dieser hatte allerdings offene, durch Kotflügel abgedeckte Vorderräder, war aber sonst ebendalls bis in Details äußerst fortschrittlich konstruiert und seiner Zeit weit voraus.
Auch die Leywerke haben sich seinerzeit die Ideen Jarays zunutze gemacht und neben Limousinen Sportwagen in Stromlinienform gebaut.
Es erscheint auffallend, daß die früheren Pioniere der Stromlinienrennwagen sich nicht durchsetzen konnten, und vor allem, daß von den maßgebenden Rennwagenkonstrukteuren die Idee nicht aufgegriffen wurde. Es mag daran liegen, daß teilweise recht unzulängliche Entwürfe auftauchten, die lediglich für das Auge stromlinienförmig, im übrigen jedoch aerodynamisch unzweckmäßig waren und daher in den damaligen Geschwindigkeitsbereichen keinen nennenswerten Vorteil brachten. Die wenigen, wirklich einwandfreien Aufbauten konnten sich aber nicht durchsetzen, weil sie auf Fahrgestellen ruhten, die sich nicht zu Spitzenleistungen eigneten. Was konnte es nützen, wenn auch die neue Karosserie einen Geschwindigkeitszuwachs brachte, der betreffende Wagen aber infolge zu geringer Motorleistung trotzdem hinter seine Konkurrenten zurückfiel. Das Publikum, das keinen handgreiflichen Erfolg sah, wurde durch die ungewöhnliche Form abgestoßen, und die internationalen Rennwagenfabriken hatten es nicht nötig, Experimente zu machen, da ihnen kein gleichwertiger Gegner mit der neuen Waffe entgegentrat. So schlief denn der brauchbare Gedanke in Deutschland ein, nachdem sich auch der Rumpler-Benz-Tropfenrennwagen trotz mancher Erfolge nicht lange auf der Bildfläche hatte halten können.
Nun kam aber die Zeit, da die Geschwindigkeit der modernen Rennwagen Bereiche erreichten, wo jeder Kilometer Zuwachs ein Mehr von vielen PS erforderte.
Die Tatsache, daß der Leistungsbedarf zur überwindung des Luftwiderstandes in der dritten Potenz steigt, bereitete den Konstrukteuren manche schlaflose Nacht.
Zweifellos ist das Wiederauftauchen von Stromlinienrennwagen der Not zu verdanken, wenigstens hatte Deutschlands Repräsentant, Manfred v. Brauchitsch, damals auf der Avus 1932 keine andere Wahl, sich seiner ausländischen Konkurrenz zu erwehren, als seinen treuen SSK mit einer "häßlichen" Stromlinie zu umkleiden, um damit den Versuch zu machen, die Spitzengeschwindigkeit seines Rennveteranen zu erhöhen. Der Versuch glückte: Manfred von Brauchitsch zeigte 200 000 Berlinern, wie man seinen Gegner im Endkampf und im 240-km-Tempo schlagen kann, und damit hatte auch das Publikum Feuer gefangen. Von da ab war der Bann gebrochen, die allgemeine Einführung konnte nur noch eine Frage der Zeit sein. Wer weiß, wie es heute stünde, wenn damals Fortuna der neuen Sache nicht hold gewesen wäre oder ein weniger guter Mann wie Brauchitsch das Steuer geführt hätte!
1924 zog Slevogt mit seinem Stromlinienrennwagen von Rennen zu Rennen. 1934 mußte es werden, bis wieder deutsche Stromlinienrennwagen, diesmal aus einem Guß, von Sieg zu Sieg eilten und die Welt in Erstaunen setzten.
Damals war für die Stromlinienkarosserie die Zeit noch nicht reif und die geforderte Geschwindigkeit auch mit einem gewöhnlichen Rennwagenaufbau erreichbar. Heute, wo die 300-km-Grenze überschritten wird, ist sie nicht mehr wegzudenken.

Frhr. v. König-Fachsenfeld, 1935

Ley Sportwagen 1924 Ein moderner Sportwagen? - Nein, aber ein Ley-Sportwagen mit Jaray-Karosserie aus dem Jahre 1924



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